Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis St. Irenäus
Der Gemeinsame orthodox-katholische Arbeitskreis St. Irenäus wurde im Jahr 2004 auf Initiative des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik und einiger katholischer Ostkirchenexperten aus Deutschland, Österreich, Belgien und den Niederlanden gegründet. Dem Arbeitskreis gehören 13 orthodoxe Theologen aus verschiedenen orthodoxen Ortskirchen (Konstantinopel, Antiochien, Russland, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Amerika) und 13 katholische Theologen aus verschiedenen Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, USA) an.
Die Mitglieder des Arbeitskreises werden nicht als Delegierte von ihren Kirchen entsandt, sondern wurden aufgrund ihrer theologischen Kompetenz in den Arbeitskreis berufen. Neuberufungen – z.B. nach Ausscheiden eines Mitglieds – erfolgen durch ein gemeinsames Votum des Arbeitskreises. Der Irenäus-Arbeitskreis ist daher keine offizielle Dialogkommission, sondern versteht sich als inoffizieller Gesprächskreis, der allerdings in der Intention zusammenkommt, den orthodox-katholischen Dialog auf internationaler Ebene zu fördern. Der Arbeitskreis tagt unter dem Vorsitz eines katholischen Bischofs (seit 2004: Bischof Gerhard Feige von Magdeburg, Deutschland) und eines orthodoxen Bischofs (2004-08: Bischof Ignatije Midić von Braničevo, Serbien; 2009-12: Metropolit Youhanna Yazigi von West- und Mitteleuropa, jetzt Patriarch der Kirche von Antiochien; 2013-17 Erzbischof Job Getcha von Telmessos, jetzt orthodoxer Ko-Vorsitzender der Internationalen orthodox-katholischen Dialogkomission; seit 2018: Metropolit Serafim Joanta von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa der Rumänisch Orthodoxen Kirche).
Teilnehmer der Tagung 2022 in Cluj-Napoca
Die Mitglieder des Irenäus-Arbeitskreises sehen es als ihre Aufgabe an, in einem internationalen, Sprach- und Kulturgrenzen übergreifenden Arbeitskreis die den gegenwärtigen Problemen zugrunde liegenden, tiefergehenden Unterschiede in den Mentalitäten, Denkformen und der Art, Theologie zu treiben, zu erforschen, ihre Eigenart zu verstehen und nach Wegen zu suchen, wie sich beide Traditionen gegenseitig bereichern können, ohne ihre Identität zu verlieren. Sie hoffen, dass sie auf diese Weise in ihren Kirchen für ein wachsendes gegenseitiges Verständnis wirken können, und verpflichten sich zum persönlichen Engagement für dieses Ziel.
Die Teilnehmer der konstituierenden Sitzung in Paderborn (Deutschland) wählten den hl. Irenäus von Lyon als geistlichen Patron des Arbeitskreises, weil er ein in Ost und West verehrter Kirchenvater ist, dessen Biographie – er stammte aus dem Osten (Kleinasien) und wirkte als Bischof im Westen (Lyon) – exemplarisch für die geistliche Verbindung zwischen den Kirchen in Ost und West steht, die der Arbeitskreis durch seine Beratungen fördern möchte.
Nachdem der Arbeitskreis bei seiner konstituierenden Sitzung zunächst den Stand des orthodox-katholischen Dialogs auf verschiedenen Ebenen (internationaler Dialog, nationale Dialoge, inoffizielle Initiativen) analysiert hatte, befassten sich die Mitglieder bei der zweiten Tagung mit dem Verhältnis von Ortskirche und Universalkirche in der orthodoxen und der katholischen Ekklesiologie sowie mit der jeweiligen Sicht des ekklesialen Status der anderen Kirchen. Danach entschied sich der Arbeitskreis, in einem chronologischen Durchgang durch die Kirchengeschichte zu erörtern, wie sich das Verhältnis von Primat und Synodalität im Laufe der Geschichte entwickelt hat. Dabei legte der Arbeitskreis Wert darauf, die Entwicklung der Primatslehre im Kontext der konkreten Primatspraxis zu untersuchen. Bei allen Aussagen zum Primat sollte im Blick bleiben, dass die in den historischen Quellen formulierte Lehre nicht immer der Realität entsprach – und umgekehrt.
Der Irenäus-Arbeitskreis hat sich seit 2004 regelmäßig einmal im Jahr zu einer viertägigen Tagung getroffen, um über die Fragen zu beraten, die aus Sicht der Mitglieder von zentraler Bedeutung für den orthodox-katholischen Dialog sind. Bei der Auswahl der Tagungsorte wird darauf geachtet, dass die Sitzungen wechselweise in einem katholischen und in einem orthodoxen Umfeld stattfinden. So kam der Arbeitskreis bisher an folgenden Orten zusammen:
- 2004: Paderborn (Deutschland)
- 2005: Athen (Griechenland)
- 2006: Chevetogne (Belgien)
- 2007: Belgrad (Serbien)
- 2008: Wien (Österreich)
- 2009: Kiew (Ukraine)
- 2010: Magdeburg (Deutschland)
- 2011: St. Petersburg (Russland)
- 2012: Bose (Italien)
- 2013: Thessaloniki (Griechenland)
- 2014: Rabat (Malta)
- 2015: Chalki/Istanbul (Türkei)
- 2016 Taizé (Frankreich)
- 2017 Caraiman (Rumänien)
- 2018 Graz (Österreich)
- 2019 Trebinje (Bosnien und Herzegowina)
- 2021 Rom (Italien)
- 2022 Cluj-Napoca (Rumänien)
Die Ergebnisse der Jahrestagungen werden jeweils in Kommuniqués zusammengefasst, die auch den Verantwortlichen für den internationalen orthodox-katholischen Dialog zugeleitet werden. Im Jahr 2018 publizierte der Arbeitskreis seine Studie „Im Dienst an der Gemeinschaft. Das Verhältnis von Primat und Synodalität neu denken". Hier finden sich Verlinkungen zu den verschiedensprachigen Übersetzungen.